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Urteil zur Mietkaution
Keine unnötige Förmelei bei der Kautionsabrechnung
Entdeckt der Vermieter nach Auszug des Mieters Schäden in der Wohnung, kann er die Kaution oder Teile der Kaution verwenden, um diese zu beseitigen. Aus rechtlicher Sicht rechnet der Vermieter seinen Schadenersatzanspruch gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters auf. Allerdings müssen Vermieter dabei die kurze Verjährungsfrist ihrer Ansprüche im Blick behalten.
Ansprüche des Vermieters wegen Verschlechterung oder Veränderung der Mietsache verjähren laut § 548 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) innerhalb von sechs Monaten nach Rückerhalt der Wohnung. Klagt der Mieter nach Ablauf dieser Frist auf Kautionsrückzahlung, stellt sich die Frage, ob die Aufrechnung scheitert, weil die Ansprüche des Vermieters bereits verjährt sind. Das würde bedeuten, dass der Vermieter selbst aktiv werden muss, indem er beispielsweise seinerseits gegen den Mieter Klage erhebt.
Diese Problematik hat der Gesetzgeber auch erkannt. Schuldner, denen eine Gegenforderung gegen den Gläubiger zusteht, sollen sich auch gegen diese wehren können. § 215 BGB bestimmt daher, dass die Aufrechnung trotz Verjährung der Gegenforderung möglich ist.
Die Forderungen müssen „gleichartig“ sein
Allerdings setzt die Aufrechnung voraus, dass die beiden Forderungen unter anderem gleichartig sind. Das bedeutet, die Forderungen von Schuldner und Gläubiger müssen beispielsweise monetärer Art sein. Nur dann können sie gegeneinander aufgerechnet werden. Im Falle der Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache hat der Vermieter ein Wahlrecht, ob er die Herstellung des ursprünglichen Zustands in natura oder aber den dafür erforderlichen Geldbetrag verlangen möchte (BGH, Urteil vom 28. Februar 2018, VIII ZR 157/17). Dieses Wahlrecht muss der Vermieter ausüben. Man spricht von der sogenannten Ersetzungsbefugnis, denn beide Ausgleichsoptionen stehen nicht nebeneinander.
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Vermieter hat die Wahl zwischen Wiederherstellung oder Geldersatz
Strittig war, ob der Vermieter sein Wahlrecht – also Schadenersatz in natura oder in Geld zu verlangen – innerhalb der halbjährigen Verjährungsfrist ausüben muss, damit die Forderungen gleichartig und somit aufrechenbar sind. Diese Frage ist nun höchstrichterlich geklärt. Der Vermieter kann Schadenersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache auch nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist gegen den Anspruch des Mieters auf Rückgewähr der Mietkaution aufrechnen. Dazu muss er nicht innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist ausdrücklich entscheiden, ob er eine Regulation in Form von Naturalrestitution oder Geldersatz fordert. Das hat der BGH mit Urteil vom 10. Juli 2024 (VIII ZR 184/23) entschieden.
Der Fall
Eine Mieterin klagte gegen ihren ehemaligen Vermieter auf Herausgabe der von ihr geleisteten Barkaution. Der Vermieter hatte diese wegen zwischen den Parteien in Streit stehenden Mängeln an der Wohnung einbehalten. Die Abrechnung über die Kaution, mit der er seine Forderungen aufrechnete, erfolgte aber erst nach mehr als sechs Monaten nach Rückerhalt der Wohnung.
Amtsgericht und Landgericht waren der Ansicht, dass eine Aufrechnung zwar grundsätzlich möglich sei gemäß § 215 BGB. Allerdings hätte der Vermieter innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist entscheiden müssen, dass er anstatt der Naturalrestitution Geldersatz verlangen will (Ersetzungsbefugnis). Da die Abrechnung über die Kaution erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgte, könne mangels Gleichartigkeit der Ansprüche keine Aufrechnung mit der Barkaution erfolgen. Diese Entscheidungen hob der BGH auf.
Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass Sinn und Zweck der Barkaution sei, dass damit vom Mieter verursachte Schäden reguliert werden können. Die Ausübung der Ersetzungsbefugnis innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist sei reine Förmelei. Schließlich erfolge diese konkludent mit der Abrechnung über die Barkaution. Der Fall geht nun an die Vorinstanz zur erneuten Entscheidung zurück, denn über die zwischen den Parteien in Streit stehenden Mängel hatte das Gericht nicht entschieden.
Fazit von Inka-Marie Storm, Chefjustiziarin
„Dieser Fall ist vom BGH zunächst nur als Pressemitteilung veröffentlicht worden und groß durch die Medien gegangen. Die Mietervertreter kritisieren, dass Vermieter die Kautionen zurückhalten und Mieter dadurch veranlasst seien, auf Kautionsrückgabe zu klagen. Die Rechtslage ist aber eindeutig: Wenn die Mietsache keine Beschädigungen aufweist, muss die Kaution zurückgegeben werden. Für etwaige Nachzahlungen der Betriebskosten darf ein angemessener Anteil zurückbehalten werden (BGH, Urteil vom 18. Januar 2006 – VIII ZR 71/05). Würden sich Vermieter weigern, die Kaution beziehungsweise Teile davon herauszugeben, müssen sie mit einer Klage des Mieters rechnen und tragen das Kostenrisiko im Falle des Unterliegens. Ist zwischen den Parteien aber strittig, ob die Wohnung durch den Mieter beschädigt wurde, und finden die Parteien keine Einigung, muss eine gerichtliche Klärung herbeigeführt werden. Da die Kaution den Zweck hat, dass sich Vermieter für den Fall der Beschädigung der Mietwohnungen darauf befriedigen können, ist die Entscheidung des BGH richtig und im Interesse beider Parteien. Eine innerhalb von sechs Monaten zur Sicherheit ausgeübte Ersetzungsbefugnis bedeutet nur zusätzliche Bürokratie und hilft den Parteien nicht.“
Tipp
Haus & Grund rät, bei der Wohnungsabnahme alle sichtbaren Schäden zu dokumentieren. Nachdem Kostenvoranschläge für die Beseitigung der Schäden eingeholt wurden, sollte zügig über die Kaution abgerechnet werden. Bei unterlassenen Schönheitsreparaturen müsse der Vermieter dem Mieter eine angemessene Frist setzen, um diese nachholen zu können. Auch für die Abrechnung der Nebenkosten, die regelmäßig erst im Jahr nach dem Auszug erfolgt, könne der Vermieter einen angemessenen Anteil der Kaution zurückbehalten.